Gründung & Geschichte der SSG

Autor: Rudolf Krippner, Juni 1991

Die im Vereinsarchiv erhaltenen Originalunterlagen geben über die Gründung und Geschichte der „Scharfschützen“ ausführliche Auskunft.

Wie aus dem Gründungsprotokoll hervorgeht, hatten bereits am Vorabend, dem 10. Oktober 1890, einige Bürger den Plan gefaßt, im Markt Oberviechtach eine „Zimmerstutzenschützengesellschaft“ zu gründen. Die Gründungsversammlung selbst fand am Samstag, dem 11. Oktober, in der Gastwirtschaft des Georg Maier statt. Heute befindet sich in dem Gebäude das Bücher- und Schreibwarengeschäft Forstner. Neun interessierte Männer trafen sich dort zur konstituierenden Sitzung, in deren Verlauf sie eine Verfassung mit vierzehn Paragraphen ausarbeiteten.

Die Aufzeichnungen lassen erkennen, daß es den Gründern vornehmlich um den Unterhaltungseffekt eines geselligen Schießens ging. Gemäß § 1 sollte das Schießen die damals recht abwechslungsarme Winterzeit beleben. Genauso verhielt es sich auch: Bis zum Bau ihrer ersten Schießanlage im Jahre 1928, also beinahe vier Jahrzehnte lang, schossen die „Scharfschützen“, wie sie ihren Namen in § 2 festlegten, nur vom Herbst bis zum Frühjahr. Während der warmen Jahreszeit ruhte der Betrieb. Wenngleich sich der junge Verein mit Eifer ans Munitionskaufen machte und seine regelmäßigen Abende abhielt, stand bei ihm das Schießen zunächst im Dienste der Geselligkeit. Er beteiligte sich noch an keinen externen Meisterschaften und war auch nicht in irgendwelchen übergeordneten Verbänden organisiert, obwohl es solche gab. Bereits 1861 war nämlich in Gotha der Deutsche Schützenbund gegründet worden.

Gemäß § 3 bestand der „Ausschus“, d. h. die Vorstandschaft, aus dem Schützenmeister, dem Kassier, dem Schriftführer und zwei „Vertrauensmännern“. Bei Bedarf konnte noch ein zweiter Schützenmeister gewählt werden. Die §§ 4, 5 und 6 legten fest, daß zur „Meldung behufs Aufnahme“ nur Personen mit vollendetem 18. Lebensjahr zugelassen waren, daß eine „Aufnahmsgebühr“ von 1 Mark zu entrichten war und daß die Mitglieder den Anordnungen der Vorstandschaftsangehörigen „unbedingt Folge zu leisten“ hatten. Bei Vorstandswahlen mußte geheim abgestimmt werden.

Die §§ 7 bis 13 betrafen im wesentlichen den Schießbetrieb. Demnach hatte das allwöchentliche“ Vorthelschießen“ in einem „von den übrigen Gastlokalitäten“ vollständig abgeschlossenen Raum zu erfolgen. An jedem Vereinsabend hatte reihum ein anderes Mitglied drei „Vorthel“, also Sachpreise zu stiften, von denen der erste mindestens 2 Mark, der zweite und dritte zusammen 1 Mark wert sein mußten. „Eßwaaren u. Cigarren“ waren nicht zugelassen. Für alle Schützen herrschte Anwesenheitspflicht. Jedes Fehlen – aus welchen Gründen auch immer – war unentschuldbar und mit einer Geldbuße von 10 Pfennig belegt. Auch andere Verstöße gegen die Schießregeln oder gegen die Vereinsdisziplin wurden auf diese Weise geahndet.

Im Falle des Vereinsaustritts hatte der Ausscheidende an die Kasse keine Ansprüche mehr. Weil zunächst noch kein Jahresbeitrag erhoben wurde, lebte die Kasse lediglich von der Aufnahmegebühr, den Schießeinlagen und diesen Strafgeldern. Als Verantwortlicher für die Scheibenbedienung und Trefferanzeige fungierte ein unparteiischer „Zieler“.

Der abschließende § 14 bezog sich auf die Vereinsauflösung, die dann eintrete, wenn nur mehr vier Mitglieder vorhanden seien. Diese vierzehn „Statuten“ wurden in späterer Zeit ergänzt bzw. verändert.
Letzter Tagesordnungspunkt war die Wahl der ersten Vorstandschaft. Die Versammlung übertrug die Führung dem Sekretariatsgehilfen Anton Eckmann als erstem in der Schützenmeisterreihe der „Scharfschützen“.

Nachdem man am selben Abend noch eine Neuaufnahme tätigen konnte, trat die junge Schützengesellschaft mit zehn Mitgliedern ihren Weg an. Sobald im Vereinslokal Maier die technischen Voraussetzungen geschaffen waren und die 4 mm-Munition für die Zimmerstutzen gekauft war -in den Büchern ist immer von „Kugeln und Kapseln“ die Rede -, begann der Betrieb. Das erste nachweisbare Vereinsschießen ihrer Geschichte trugen die „Scharfschützen“ am 08.11.1890 aus. Die Gesellschaft war mittlerweile bereits etwas gewachsen, und so schossen an diesem Tage vierzehn Mitglieder auf die „Fortl Scheibe“.

Am selben Tage wurde beschlossen, den Zieler, trotzdem dieser bei der Gründungsversammlung seine Dienste unentgeltlich angeboten hatte, dennoch zu bezahlen. Er erhielt damals je Schießabend 20 Pfennig. Die Entlohnung des Zielers war seitdem eine feste Regel, die Höhe des Honorars als auch der Auszahlungsmodus wurden aber in der späteren Zeit immer wieder geändert.

Und dann fanden natürlich auch gesellschaftliche Veranstaltungen statt.
Als erstes war für den 31.12.1890 eine „Sylvesterkneipe“ anberaumt, zu der die Mitglieder von ihrem „Einführungsrechte“, nämlich „Freunde und Gönner“ mitzubringen, Gebrauch machen konnten. Auch hatte man Polizeistundenverlängerung bis 3 Uhr früh beantragt. Die Mitglieder hatten mit Vereinsabzeichen zu erscheinen. In der Folgezeit schlossen sich weitere Aktivitäten an, etwa „Tanzkränzchen“, Preisschießen mit Tanz u. ä. All diese Veranstaltungen scheinen recht erfolgreich gewesen zu sein, denn ständig ist von Polizeistundenverlängerungen die Rede. Im Hinblick auf § 1 der Gründungssatzung sind den Schützen „die langen Winterabende“ offenbar plötzlich zu kurz geraten.

Doch scheint es auch Mißstimmigkeiten gegeben zu haben, denn am 22. Februar 1891 trat Schützenmeister Eckmann nach nur knapp fünfmonatiger Amtszeit zurück. Die Gründe hierfür sind unbekannt. Zu seinem Nachfolger wurde am 14. März das Gründungsmitglied Dobler gewählt, so daß die Vereinsvertretung über die schießfreie Frühlings- und Sommerzeit bis zur ersten Generalversammlung im Herbst gesichert war. Diese fand am 14. November 1891 statt. Unter anderem wurde der Vereinsbeitrag eingeführt, wonach vonjedem Mitglied monatlich 20 Pfennig zu zahlen waren. Die Wahl ergab den Postboten Josef Tretter als neuen Schützenmeister. Seine Unterschrift begleitet die Eintragungen im Protokollbuch bis zum 3. März 1894, d. h. also bis zum Ende der auf den Winter beschränkten Schießsaison 93/94. Dann klafft eine Lücke von vier Jahren.

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